Alle 2 Definitionskommentare von Isaban

01.01.08 - Kommentar zur Definition " Stanze": "ERgänzend: Ursprünglich stammt auch die Stanze aus Italien und wurde (unter anderem) durch Dietrich von Werders Versübertragung von Torquato Tassos „Gerusalemme liberata“ um 1600 herum in Deutschland bekannt. Sie ist - wie das Sonett - ein Klingstück, besteht aber im Gegensatz zu diesem nur aus acht Zeilen. Üblicherweise enthalten die Verse bei einer Stanze 5 Hebungen, betonte und unbetonte Silben alternieren, meist werden die Reime so gewählt, dass sich männlich und weibliche Kadenzen in den ersten 6 Versen abwechseln. Die Verse 7 und 8 bilden ein Couplet, das diese Gedichtform zweiteilt, das Reimschema lautet also ababab-cc. Diese beiden letzten Zeilen enthalten die Conclusio, d.h. sie zeigen z. B. einen völlig anderen Blickwinkel, enthalten die Antithese, bilden eine Zusammenfassung des Inhaltes der anderen Verse oder beinhalten eventuell einen aphorismusartigen Schlussgedanken. Beispiele: Wiedergeburt ( von Johann Wilhelm Süvern, um 1800) "Ins Dunkel will des Jahres Licht sich neigen; Des Lebens heiße Glut, sie kehret wieder In ew’gen Feuers Schooß zurück; es schweigen, Die sie entzündet, schon im Hain die Lieder; Die Liebe flieht, und kalt entlöst den Zweigen Sich mattes Laub, der Blumen Schmuck sinkt nieder. Das Herz erstirbt, die Adern sind verschlossen, Worin Gedeihn und Kraft sich frisch ergossen." Natürlich bietet uns auch für diese Gedichtform Goethe ein schönes Beispiel, in diesem Falle Zeilen aus Faust I, Zuneigung Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten, Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt. Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten? Fühl ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt? Ihr drängt euch zu! Nun gut, so mögt ihr walten, Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt; Mein Busen fühlt sich jugendlich erschüttert Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert. Weitere Formen, bzw Sonderformen der Stanze sind: Huitain (8 Verse, Reimschema: ababbcbc oder abbaacac), Siziliane (8 Verse, Reimschema: abababab), Nonarime (9 Verse, Reimschema: aba – babccb) und die etwas komplizierteren Spenserstrophe, die aus 8 fünfhebigen Versen besteht, plus einer neunten sechshebigen Zeile, die zusätzlich über die für den Alexandriner typische Mittelzäsur (nach der 3. Hebung) verfügt, Reimschema: ababbcbcc . Letztere Sonderform ist im Englischen verbreiteter als im Deutschen, da es hier an den für den verlangten vierfachen b-Reim geeigneten Reimendungen mangelt."

01.01.08 - Kommentar zur Definition " Sonett": "Zur Ergänzung: Um ein Sonett zu schreiben reicht es nicht, sein Gedicht in 14 Versen zu verfassen. Es gibt noch einige andere Erfordernisse, die diese alte Gedichtform an uns stellt. Inhaltlich sollte ein Sonett deutlich erkennbar These (das Thema), Antithese (anderer Blickwinkel, Gegenargumente, entgegengesetzte Darstellung, andere Meinung) und Synthese (die Vereinigung der gegensätzlichen Elemente) enthalten. Ein Sonett besteht aus zwei Quartetten (Strophen mit jeweils 4 Zeilen) und zwei Terzetten (Strophen mit jeweils 3 Zeilen). Eine Ausnahme bildet das Shakespeare-Sonett, bei dem sich die 14 Verse in drei Quartette und eine Strophe mit nur zwei Versen aufteilen, wobei die die ersten beiden Strophen die These, die 3. Strophe die Antithese und die beiden letzten Zeilen Conclusio/ Essenz/ Moral der Geschichte enthalten. Meist zeigen die Sonett-Verse fünf Hebungen, das bedeutet, dass sie fünf betonte Silben pro Vers haben. Sonett bedeutet Klanggedicht, Klangstück. Um die typische Sonett-Melodie zu erreichen müssen alle Verse einheitlich entweder mit einer betonten (Trochäus) - oder alle einheitlich mit einer unbetonten Silbe (Jambus) beginnen. Danach sollte innerhalb der Verse im Wechsel (alternierend) jeweils eine betonte auf eine unbetonte Silbe folgen. Wichtig ist auch, bestimmte Reimschemata einzuhalten. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Für die Quartette wird meist der umarmende (oder Klammer-)Reim gewählt, alternativ der alternierende (= Kreuz-)Reim. Nach klassischem Vorbild werden in beiden Quartetten nur zwei (in beiden Quartetten gleiche) Reime verwendet, in den Terzetten ebenfalls, so dass so ein Reimschema zum Beispiel (nur eine von mehreren Möglichkeiten!) so aussehen könnte: abba -abba-cdd-ccd Ein fünfhebiges Sonett hat, wenn es jambisch geschrieben ist bei weiblicher Kadenz (weiche, unbetonte, ausschleichende letzte Silbe eines Verses) 11 Silben, wenn es im Trochäus steht muss es bei weiblicher Kadenz 10 Silben und bei männlicher Kadenz 9 Silben haben."

Diese Liste umfasst nur eigenständige Definitionskommentare von Isaban. Threads, in denen sich Isaban an der Diskussion zu Definitionskommentaren anderer Leser mit Antworten bzw. Beiträgen beteiligt hat, findest Du  hier.

 
/Seite /S.
Alles auf einer Seite

Isaban hat übrigens nicht nur Kommentare zu Genre-Definitionen geschrieben, sondern auch  einen Rezensionskommentar,  4 Kommentare zu Textserien,  27 Kommentare zu Autoren,  204 Gästebucheinträge,  einen Teamkolumnenkommentar,  19 Kommentare zu Kolumnen und  2.219 Kommentare zu Texten verfasst.

Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram