Alle 399 Texte von Moja

A: Wie alt ist sie jetzt? B: Einunddreißig, manchmal ist sie wie ‘ne Neunjährige, aber das ist vielleicht das Russische, die Russen haben da was anderes. A: Aber das sie jetzt aufgehört hat mit der künstlichen Befruchtung, ist doch gut. B:...

Allein und dunkelnd fahren wir auf schwindligen Nebenstraßen fahren wir beengt und fremd scheinbar endlos pulst die rote Ader wo sind wir bloß? Kreuzen Kanten Körperreihen erfinden uns halbblind in das hinein was uns umfasst verschleppt auf...

Regen plätschert zwischen den Fenstern, Wind schlägt geräuschlos die Buche. Beruhigung zieht in den erhitzten Tag. Vormittag verwandelt die stille Straße in ein geschäftiges Fließband, auf dem die Parade stolzer Lieferwagen rollt, stockt,...

Hohläugig weint die Frau kippt den Nachmittag ins Glas ertränkt ihren Atem Wörter quellen undeutlich auf durch lange Sätze stolpert sie gegen die Küchenwand dahinter dreißig dünne Sommer in Sackgassen, stöhnt sie die durch diese Küche...

Fast eine Familiengeschichte der Tisch überflutet von Helle ein aufgeklapptes Heft geduldige Stühle, die weiße Lampe überwölkt von Gardinen wie eine zarte Lichtschrift verwischt die Leere der Tasse – teilt ein Foto ausdauernd mit. Die...

Anitas Vater sagte gar nichts dazu, er blickte auf seine Pantoffeln. Nie zuvor hatte er über seinen Bruder Georg gesprochen. Es gab ihn nicht. Doch nun erfuhr sie, dass sein Bruder am 20. Januar 2003 in Berlin geboren wurde und in der...

Ich bin ein sehr langer Sonnentag ständig könnte es gewittern und alle baden manchmal bin ich ein Fisch und alles ist verwundert

Das Haus aus Lehm gestampft bröcklige Kreidechiffren auf roter Wand erzählen vom Kommen und Weggehen im dunklen Winkel ein Wassertopf auf Beinen das Telefon in der Holzschatulle verstummt meine Erinnerung hält Türen offen für Wind der...

Um den schmalen See fließt ein schnelles Band der Pfad stöhnt & schnauft unter joggenden Alltagsstühledrückern alle in gleicher Verpackung der See liegt da wie ausgehaucht, Leute laufen emsig & ernst an Stöcken noch vor der Zeit am Zaun...

Staub und Launen wehen und sonst nichts Wände saugen Stille auf leere Teppiche liegen ausgestreckt unterm aufgerollten Mond am ausgefransten Rand der Nacht er wird nicht kommen vor dem Morgen bald wird er kommen es wird so kommen dann tut es weh...

da war nichts zwischen uns – nur ein flüchtig bemessenes vakuum in das alles fiel, kantige worte, blicke alle lächeln auswendig gelernt die leere war ein raum im raum dehnte sich über den rand der nacht saugte den atem aus, suchte den zorn...

Hohläugig weint die Frau kippt den Nachmittag ins Glas ertränkt ihren Atem Wörter quellen undeutlich auf durch lange Sätze stolpert sie gegen die Küchenwand dahinter dreißig dünne Sommer in Sackgassen, stöhnt sie die durch diese Küche...

Als ich nach Hause kam erwartete mich sein Schatten ich machte kein Licht an stand am Fenster und las seine Nachricht zwischen den Wolken der Schatten drehte sich um mich verharrte dann still ich lehnte mich gegen ihn da ging er durch mich...

Ich bin ein sehr langer Krankenhausflur ständig könnte jemand sterben und alle rufen manchmal bin ich ein Fenster und alles ist offen

...träume ich, als der Wecker klingelt - und ich erfahre nicht mehr, wie man das Schicksal lebt, in es hineinkommt oder besser daran vorbei, ob es Vorsehung, Verhängnis ist. Führt es an einem langen Weg an Räumen vorüber? Türen öffnen sich...

Aber wie sich der Kontrolleur nun umdreht, nutze ich den Augenblick und stecke hastig meine Tasche unter den Mantel. Doch da steht ein Schaffner im Zugkorridor, er hat alles gesehen. „Die Tasche dürfen Sie nicht mitnehmen!“ „Aber das ist...

Vögel verharren regungslos auf dem Eis, ihre Körper werfen flüchtige Schatten – gefrorene Zeichen, unlesbar die Textur des Sees. Mittagslicht bewegt die schimmernden Schatten der Vogelkörper. Stillstand bewegt mich.

Im Neoprenanzug und Taucherflossen springe ich ins Wasser. „Können wir uns im Dunklen sehen?“, frage ich und tauche tiefer. Auf einmal sitze ich in einem englischen Bus. Ticketkontrolle. In meiner Handtasche finde ich ein grünes Bündel...

Ida zieht den Riegel aus dem ausgehöhlten Mauerwerk, tritt kräftig mit dem Fuß gegen die Metalltür und stößt sie auf. Im selben Moment läutet das Telefon. Sie geht hin und nimmt ab. Karin meldet sich. Ihre Stimme klingt bedrückt. „Was...

Am nächsten Tag reiht sie sich in die Schlange vor der Einwanderungsbehörde ein. Die Antragsteller vor ihr sind Afrikaner, Geflüchtete aus Rebellengebieten, Kriegs-flüchtlinge, darunter ein paar Libanesen. Sie wirken angespannt und nervös....

Aus dem obersten Stockwerk schüttelt das Hotelpersonal den dunkelblauen Fransenteppich aus, der im Konferenzraum lag. Es staubt gewaltig. Der Teppich verdeckt fast die gesamte Hausfront. Ein stürmischer Wind erfasst ihn. Und während er hinab...

Im Discounter frisch gestrichene weiße Wände und Regale, auch die Kasse und der Käsestand sind weiß, sogar die Rückseite meines Zehn-Euro-Scheins. * Die Bankkassiererin lehnt ab, meine zerrissenen Hundert-Euro-Scheine zu ersetzen. Wir...

Noch bevor er aufgeraucht hat, holt er ein Päckchen Zigaretten aus seiner Jacke; zieht eine Zigarette heraus und steckt sie in den Mund. Ich zünde ein Streichholz an und gebe ihm Feuer. Er nimmt einen tiefen Zug und stößt den Rauch genussvoll...

Ich hatte keine Ahnung, sonst wäre ich nicht durch das verschneite Viertel zum Pflegeheim gestapft, um meine Großmutter zu besuchen. Sie war uralt und stand mit einem Fuß schon fast vor dem Jüngsten Gericht. Sie lag im Bett, als ich eintrat...

Im Zug stehe ich die ganze Fahrt über eng gedrängt. Gelände, Bäume, Sträucher, Schienen und Bahnsteige, Köpfe und Jacken gehen ineinander über, bis die Türen wieder aufgehen, Leute aussteigen, andere hineindrängen, der Zug anfährt....

Da saß ich nun in meinem früheren Kinderzimmer – vor mir ein großer Pappkarton in Ofenform, innen sauber mit Alufolie ausgeschlagen – und wartete darauf, dass die stämmige Frau, die den alten Kachelofen abgebaut hatte, zurückkam....

Die Frau bemerkt meinen fragenden Blick, als sie ihre mit Flecken übersäte rote Jacke in die Mülltonne wirft. Bei der Stadtreinigung hatte man ihr dazu geraten, sagt sie. Ihre Schadenersatzforderung würde nun unbürokratisch und zügig...

Dieser Status brachte uns die Berechtigung ein, uns zu bewerben. Prompt werden wir als Aushilfskräfte eingestellt. Raumhohe Glasvasen sollen wir putzen. Mutig schnallt sich meine Freundin an. Sie ist bereit in die Vase hinab zu gleiten, als der...

Ein riesiger Mond, weiß wie Milch, steht dicht vorm offenen Fenster. Sein scharfer Schein rötet meine Haut. Ich habe Mondbrand. Im Treppenhaus fegt ein Afrikaner, er sammelt 6000 Unterschriften gegen seine Ausweisung. Ich unterschreibe im...

Ich schulde Udo noch einen Gefallen. Ich werde ihm eine Reihe reichlich bunter Sachen machen. Grasgrüne Igel. Igel sind immer grasgrün, selbst die feinsten ähneln täuschend dem Farbton. Frohlocken! Plüschmäusen nähe ich hellblaue Ohren an....

Selten gelingt es dem Zahnarzt, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern. Er ist ein leidenschaftlicher Vogelfotograf. Er stellt mir ein Rezept für Fotopapier und Medikamente aus. Die Aufnahmen von Vögeln hängt er in große Rahmen, in einem...

Vor mir steigen zwei Mädchen die Treppen zum Eingang des Parks hoch. Ich versuche wie die beiden unbehelligt an den Wächtern – zwei Raubkatzen – vorbeizukommen, die das Atommüll-Lager bewachen, als mich die schwarze Katze anspringt und...

Provisorisch stecke ich die Stoffteile mit Nadeln an mir fest. In diesem Aufzug besuche ich ein befreundetes Paar. Ausgiebig bewundern sie mein neues schwarzweiß gemustertes Kleid. Plötzlich fällt mein Blick auf die Mauer zwischen Afrika und...

Worthülsen weitertreibend wie ausufernde Barden samt seeweichen Limonaden. Flussläufer egalisieren in Pomaden als Remouladen. Rettiche bei Tischgeraden, anderswo sonderbar verbockte Hechte, aalglatte Heringe & Lachse, immer Lachs, lackiert &...

Über unseren Köpfen kreisen Geier, während Ilse und ich den leeren Platz vor der Haftanstalt überqueren. Ich bereue bereits, dass ich mich von ihr zu diesem Besuch überreden ließ, und gehe rascher. Erst hinter dem massiven Steinrondell...

Die Strecke ist unterbrochen, dennoch kommen die Straßenbahnen von weit her, finden die Haltestellen mühelos, auch über große Entfernungen hinweg. Eine waghalsige Fahrerin fährt mich auf Umwegen ins Dorf, bis es nicht mehr weiter geht. Eine...

Ich entsann mich im Traum, dass man bei diesem Spiel ein kleines Tier oder eine Frucht auswählte. Während mein Freund eine Ameise erkor, entschied ich mich für eine Blaubeere. Mit Spannung verfolgten wir den unaufhörlichen Prozess des...

In Windeseile überschwemmen sintflutartige Regenfälle den Alexanderplatz. Mit brachialer Gewalt reißt die Sturmflut tiefe Gräben, Erdplatten stoßen, schieben, versinken ins Erdinnere. Ein Parkstück scheint auf bei Tageslicht, ein Tunnel,...

Mit hoher Stimme stellt Anita mir ihren eben auserkorenen Vater vor. Sie sagt tatsächlich Papa zu ihm und schiebt sich gerührt hinter seinen breiten Rücken. Offensichtlich ein Mann fürs Grobe, von robuster Statur, mit einem Quadratschädel....

Wie immer ist es Sonntag, als ich morgens die Fassade des Museums hochklettere und durch ein Fenster eindringe. Das Museum ist geschlossen. Vorerst aber warte ich auf das Öffnen des Archivs. Gelangweilt betrachte ich von meinem Platz am Fenster...

1.  WIDERHALL | 144 , 5
2.  TRIANGEL | 157 , 2 mit 1 
3.  SPAGAT | 130 , 2
4.  ATTACKE | 158 , 6 1  
5.  Sediment | 157 , 3
6.  KALKÜL Text | 168 , 3 mit 1 

Auf dem Weg nach Hause rutsche ich auf dem Eis aus und gleite einen Hang hinab. Vor zwei Robben, die auf der Straße liegen, komme ich zum Stehen. Das Robbenjunge trägt einen Strampelanzug sehe ich eben noch, als Passanten die Robben anheben und...

Bei einer Rast auf einer Bergwanderung durch Norwegen interessierten sich zwei Einheimische dafür, woher ich komme und wie es sich in Deutschland lebt. Versunken in den Anblick der blühenden Wiese unten im Tal – in einer Kehre lag Schnee –...

Nichts ahnend kehre ich an einem heißen Sommertag von einer Reise zurück. Ein Freund öffnet lächelnd in Badehose meine Wohnungstür von innen, als erwarte er ein Lob von mir. Schweißgebadet steht er da. Heiße Luft schlägt mir aus dem Flur...

Nie zuvor ist mir aufgefallen, dass mein Wohnhaus aussieht wie ein zweistöckiger Strandkorb aus weißen Weidenruten. In der weißen geflochtenen Telefonzelle daneben legen die Hausbewohner ihre gelesenen Bücher ab. Eine neu eingezogene Mieterin...

In der Espressobar stehe ich in einer Schlange, die immer länger wird und nur langsam vorrückt. Wie am Fließband bereitet der Barista geschickt Kaffee zu, füllt frisch gemahlenen Kaffee in Siebträger, schäumt schwungvoll Milch cremig und...

Mein Blick durchstreift den Raum, fällt flüchtig auf die afrikanischen Geschäftsleute mittleren Alters und heftet sich schließlich an die Weltkarte an der Wand. Der Mann neben mir redet sarkastisch über die Weltlage. Er müsse dringend...

Als sich mein Tag mal wieder wie grauer Kaugummi dehnte, festgeklebt am zähen Regen, trieb ich nach draußen auf die Straße, vielfarbig umspült von so allerlei. Sah eine Alte einen Kinderwagen schieben, saßen zwei kleine Regenmäntel drin,...

Schon von weitem sehe ich das kobaltblaue, außergewöhnlich grün leuchtende Schottenkaromuster der Limousine auf uns zu rasen. Ich traue meinen Augen nicht: Geralds Sonderklassewagen, dreitürig! Es hupt. Der Wagen fährt vor. Der Chauffeur...

Auf einem Gehsteig Kinderball, Gully & Kreide sie sind mehr als ein Haufen – Gedächtnissprünge. In Gesellschaft eines Straßenengels gehe ich jetzt darüber. Die Sonne scheint.