Alle 309 Texte von Redux

am 19.4.83 hätte ich die Ausfahrt 53 nehmen können, / in einem heruntergekommenen Hotel wäre ich dir sicherlich begegnet / und nach ein paar Gläsern Zukunftsdrinks / hätte unsere Geschichte Fahrt aufgenommen, mit allem Gezwirbel, / allen...

Es war kein guter Tag: / im Briefkasten / lag ein Einschreiben, / dessen Inhalt in etwa Folgendes aussagte: / meine Geburt sei illegal gewesen, / mein Leben unrechtmäßig seit / Jahrzehnten in Anspruch genommen worden, / nächsten Freitag gegen...

Dienstags um zwei / ist Andacht . / Gott schüttet / Sonnenlicht / an diesem Septembertag / in den Raum, / der hell ist / und still. / Nur das Gemurmel der Alten, / die Augen sanft und trübe / wie traurige Tiere / in ein Innen / oder...

zugeknöpft die kleine stadt / und noch kleiner als zuvor / jetzt am ende des sommers / ist sie gelb wie honig und sand / sie verwischt wie der wenige regen / auf dem staubigen feldweg / und auch zugeknöpft die fenster / mit hinabgelassenen...

Im Jahre 2024 nach Ford / stellten sie mich auf den Scheiterhaufen / der unverbesserlichen Miesepeter. / Man befestigte ein Plakat auf meiner Brust, / darauf stand in den goldenen Lettern des unwiderstehlichen Zeitgeists zu lesen: / „...

Aus dem Hellen und Lauten / trete ich ein, in das Stille / und Dunkle. / Die Kirche umgibt mich / wie ein steinernes Herz. / Ich kann an diese Geschichte nicht glauben. / Aber hier muss ich mich bekennen. / Meine Schuld, meine Schwächen,...

Es ist zu heiß um schlafen zu können. / Die Schokolade auf dem Tisch im Wohnzimmer / ist flüssig geworden und ein langer Fluss Lava / ergießt sich in eine neue tropische Kleinstadtnacht. / Draußen auf dem Marktplatz geht es bis...

In den guten Stunden / werden die Katastrophen / zu kleinen Wassertropfen / und Rinnsalen; ihr Weg / führt von mir fort. / Sie versiegen in meinem Rücken. / In den guten Stunden / rieche ich wieder diesen Aprilregen / und ich schlendere / mutig...

nach mitternacht noch / schwirren / worte und gelächter / wie selige motten / um die häuserblöcke / auf dem rahmen / des gekippten fensters / sitzt der mond / die sterne wandern / eine karawane gen westen / der lange tag / wogt unsichtbar /...

Da steht er im Nachmittag - / groß und knorrig, ein gleißender Berg, / die Arme in die Hüften gestemmt. / Unter den Johannisbeersträuchern / verwirbeln Hühner Wolken aus erdigem Staub. / Eine menschenleere Straße, / mittags, fern bis zum...

Da stehen wir morgens / in der Bäckerei / und es umweht uns / der Dampf frischer Brötchen / um 6 Uhr17. / Da stehen wir / fürchterlich berechenbar / und ungewaschen. / Frau M. / aus der Bahnhofstraße 7 / mit ihrer / ledernen Solariumhaut, /...

In der Küche meiner Kindheit / glitt die Welt an frühen Nachmittagen / in ein Land aus Stille. / Und goldenes Septemberlicht / in den Fensterscheiben / brach. / Letzte Schwaden Zigarrenrauchs / schwebten wie geisterhafte Tücher. / Der...

Am Ufer des Stromes sitzen / Schiffen, die leise kommen und gehen, zusehen / Nichts wollen und nichts verstehen / Hinter der Biegung des Flusses gähnt das Universum und manifestiert sich als Nichts / Und alles ist gut /

in meinen gedichten schreibe ich von den brötchenkrümeln / auf der fußmatte in meinem neun jahre alten wagen, / von den wollmäusen und der staubschicht auf den armaturen, / die im sonnenlicht wie eine pelzige haut glänzt und schön ist, ...

in tiefer nacht / in den kleinen dörfern dieser welt / erstarrt die stunde / vielleicht ein fenster / das für sekunden aufleuchtet / eine katze / die gen morgen schreit / mondlicht / aus dem letzten jahrhundert / das über schindeln...

eine von vielen siebziger-szenen / ein kleiner junge im stillen schwülwarmen sommerabend spielt blockflöte / jingle bells im juli / während die schwalben wie gewitterboten / aus grauer flirrender luftschicht stürzen / die schwester des...

Die Tage verharren in der Waage, es ist, als ob / die Stunden kurz stockten, bevor die Minuten / Richtung Oktober rieseln und zu Stunden werden, / langen schweren Stunden, die in wildem Sturm / wie dunkle Früchte reifen. Noch ist nichts /...

„Ich kann nicht mehr und will hier endlich raus!“ / Ich bin jetzt 42 und wir haben immer noch diesen / Briefmarken-Balkon und keinen Rasen oder Teich, / wir können uns nicht aus dem Weg gehen, weil wir keinen Platz haben.! / Hörst du,...

am frühen sonntagmorgen ist es hier wie dort / früh, urweltlich früh, eine stadt wie ein stadtteil / von einem unbekannten ganzen, unter einer / feinen schneeschicht, kaum zu unterscheiden / von schwerem winterregen, drahtseil der /...

Gelegentlich, / viel zu selten, wie ich finde, / steigen in mir die Fragen der Zauberer auf, / die Blicke, / in Traum und goldener Gänze trunken, / von kleinen Kindern, / die Ahnung fremder Welten, / das Unausdenkliche und das...

ich werde alt / denke ich so / nicht / weil mir die haare ausgehen / nicht weil / manches schwieriger wird / mit fast 59 / smile und kicher / sondern / weil jim morrison / am 3.7.71 / als er in paris / das diesseits / verließ /...

barfuß / durch nachtdunklen morgen / entlang der brandung / am strand / der andalusischen küste / um sieben uhr / sieben / es wird alles / das war / noch einmal / wiederkommen / schon bald / noch ehe / wir es ahnen / wird dort / wo asien und...

Nur einige Jahrzehnte noch / sprachen sie von ihm: / Johann, / nachdem an einem dunklen Nachmittag / im November 1777 / sein Abschied kam. / Johann, Knecht. / Johann mit der Hasenscharte. / Johann, ledig. / Johann mit dem beschränkten Blick /...

Jürgen war schon immer ein Arschloch. / Als wir in den Sommerferien am alten Tümpel, / den es jetzt nicht mehr gibt, Frösche fingen, / war genau er es, der so manches Tier / zum Froschweitwurf missbrauchte. / Und wenn es mal zu einer...

ein oktobersonntag mit mutter im bauerncafe / kaffee und suppe muss heiß sein / ja mama / draußen fliegen die eicheln und kastanien im sturm / und beschießen die biertische des sommers / kaffee und suppe muss heiß sein / ja mama ich...

das leben ist nicht so schlimm / und so erbärmlich / wie es scheint / dachte sich karl heinz / am ende seiner ehe / nach sechsundzwanzig jahren / das herz war zerplatzt / war nicht zerplatzt / denn alles vernarbt / und zwei jahre...

im spätherbst im februar noch im märz / stand der alte mann auf seiner terrasse im parterre / und rauchte und hustete immerzu / ich sah wie er schwer atmete und keuchte / wie ein tier nach langer hatz / und sein husten erfüllte den...

sie stehen im stau und fahren los und stoppen / und fahren los und stoppen und fahren los / und ihnen läuft die zeit davon weil sie / um sieben an ihrem arbeitsplatz sein müssen / sie verladen container auf schwere frachtschiffe / die sich dann...

Wie bei Benns daheim / hingen auch bei uns keine Gainsboroughs, / auch bei uns ein amusisches Gedankenleben, / sieht man einmal von Heidi Kabel und dem Ohnsorg-Theater / und dem Bild mit der Berglandschaft im rosa Abendlicht ab, / das...

aneinandergereiht / wir toten soldaten / in goldener uniform / mit der faltigen haut / uralter mumien / pharaonengleich / in unserem öligen blut / unserem blechernen sarg / mit gebrochenen gräten / bevor das ewige dunkel obsiegt /...

ich war wohl ein kind der siebziger jahre des letzten jahrhunderts, / es war die zeit des wichsens, der pickel und der selbst gedrehten zigaretten, / die zeit der aufgeschlagenen kniee und der küchentische mit kleinen seen / aus kaffee und...

Wir waren kleine Kinder. / Und der Papa roch nach Papa. / War unser lieber Papa. / Später war der Papa nicht mehr. / Wir waren große Kinder. / Und wir wussten, / dass Papa nach Wacholder roch. / Das war unser lieber Papa. /

seine rinde, schuppig, flechtenbesetzt, / ein verzaubertes krokodil, / und alle farben der flechten / wie der versuch von farben, / selbst im sprühregen und im glanz / der vorbeifahrenden autos, / im glanz von siebzehnuhr : / ein gelb zum...

Die Tage sind ohne Lametta / und schwer zu verstehen das wachsende Licht. / Der Matsch in den Straßen war gerade noch Schnee / und so weiß wie die weißeste Weiße. / Die Stunden sind so neu und noch einzeln / und die Wochen zuvor fest...

auf seiner fensterbank / die klebrige flasche olivenöl / in einer lache geronnener flüssigkeit / gelbbraun wie der strand / plage du sillon in saint-malo / in einem gelben braun / wie die vertrockneten blätter der geranien / wie die...

ich schwanke und ich weiß lebenslang nicht / wem ich glauben soll / den philosophen den priestern den wissenden / die mir die welt und den sinn erklären / das grünen der blätter / auf- und niedergang der organismen / das schmelzen des...

Zwischendurch / am späten Vormittag / beendete ich das Leben / eines Käfers. / Er sagte nur noch Knirsch, / als meine Schuhsohle ihn traf. / Irgendwann / werde ich knirsch sagen / und meine 70 oder 80 Jahre / werden vergessen / wie seine 7 oder...

Mittags, draußen, beim Griechen. / Unappetitliches Gyros mit Pommes und geschmacklosen Reis. / Luxusprobleme eines Urlaubers, / während die Karawanen der Touristen passieren. / Gegenüber ein Notarztwagen, drei Polizisten, drei Sanitäter. ...

So viele Gesichter und Beine und Smartphones und Augenblicke in Beton. / Und Stimmen. / Bei Bitter Lemon wühlen meine Augen wie in einem Berg Briefmarken. / Nicht eine einzige einsortiert in mein Album. / So viele Fluchten und Kinder und...

Was ist? / Was ist, wenn ich all`die Tage und Jahre / vor dem Fenster gesessen habe / mit Blick auf die abschüssige Straße, / die gesäumt ist von Pappeln, / immer vergeblich auf ihn wartend? / Und was ist? / Was ist, wenn am Morgen danach /...

so viel vergänglichkeit im kleinen quadrat. ein meter tief / schon wieder wandel. der sich satt isst an verwesung. / ein transit aus eierschalen und kaffeefiltern und / kohlrabiblättern. ein unterirdischer styx treibt gelassen / in einen...

die alten, als ich kind und so jung war, / glichen fetten kröten, tausende an jahren alt, / mit krustigen pocken besetzte unsterbliche wesen, / die autos fuhren, bier tranken, zigarren rauchten, hühner schlachteten, die große weite welt...

damals / in der dämmerung / im sommer / düster der wald / und auf der wiese / zwischen disteln und kamille erstarrt / reglos die kühe / dampfend in später kühle / träge und weise / wie abendwesen / mir eingebrannt / blickten sie mich an /

Als ich in seinen Kofferraum blickte / ( ich nenne ihn mal Kurt) / also als ich in Kurts Kofferraum blickte, / sah ich ein Warndreieck, eine Isomatte / und einen Türschlossenteiser, / einen Eisschaber ( max. Breite 13cm), / ein...

meist erhasche ich einen zipfel ruhe / in den dämmrigen nischen sind kleine nester noch / aus weihrauch, kerzen flackern auf versteckten tischen, / vielleicht auch ein gemurmeltes vaterunser, / und das dunkel tut nicht weh, irgendwo von oben...

die frage, wie so etwas geschehen konnte, / hat schon den raum verlassen, / den sie einst besaß, andere / dinge räumen sich ein, uhren oder nester, / die plötzlich, vielleicht am frühen morgen / erscheinen und in der weite einer...

ich bin so leer nach vielen jahren / leer wie eine spraydose die im straßengraben liegt / leer wie ein leerer einkaufswagen / wie ein weinglas morgens um halb zwei / wie eine rotweinflasche / wie das gelabere der stars und sternchen / leer...

keiner ahnt was hier los ist / die rollläden sind runter und der tod / duftet obwohl es sommer ist / und das gras in frechem grün grinst / hier bewegt sich nicht viel / im keller tropft ein wasserkran / neben der waschmaschine / schon...

als das märchen seinen anfang nahm / war das wetter wichtig bis entscheidend / im april und auch im september / wenn die saat ins feld gebracht wurde / im sommer wenn polternd ein fuder stroh / vor dem drohenden gewitter in die scheune...

Löwenzahn, wir nannten dich auch Pusteblume, / du Gespenst in den Pflasterwüsten der kleinen Bürger. / Niemand pustete dich hinweg mit deinen langen Ästen, / die sich in die Fundamente hinab bissen: du verlachtest uns, / wenn wir dich...